Hab' ich das Bügeleisen ausgeschaltet? Und den Herd? Habe ich
eigentlich die Wohnungstür abgeschlossen? Und die Balkontür zugemacht?
Unzählige Male stand ich schon am Fuß der Treppe und war kurz davor, die 92
Stufen wieder hochzulaufen. Aber ich zwinge mich immer ganz brav weiterzugehen,
schließlich wird aus dem wiederholten Überprüfen der Tür oder des Bügeleisens
schnell eine kleine Zwangsneurose. Und das muss ja nicht sein. Obwohl Zwänge, wenn man dem wunderbaren Buch Tausend kleine Schritte von Toni Jordan glauben will, auch ihre komischen Seiten haben.
Handlung
Grace Lisa Vandenburg kann nicht einfach in ein Restaurant
gehen und irgendetwas bestellen. Sie braucht ein System und so ordert sie
zum Beispiel das erste Gericht in der Karte oder geht alphabetisch vor. Auch
die Bisse, mit denen sie isst, sind nicht wahllos, sondern richten sich nach der Anzahl der Buchstaben, die der Kellner zur Begrüßung gesagt
hat.
Grace zählt. Und zwar alles in ihrem Leben, egal ob Erbsen
auf ihrem Teller oder Zahnbürsten in ihrem Schrank. Sie braucht ein perfekt
einstudiertes System, um ihr Leben im Gleichgewicht zu halten. Bis sie sich
verliebt.
Meine Sicht
In dem Debütroman von Toni Jordan kann man einiges lernen.
Über Zahlen, den Erfinder Nikola Tesla (Grace großen Schwarm) und über die
Länge von Zeige- und Mittelfinger. Auch habe ich viel gelacht, denn Grace ist
sehr witzig, sehr sarkastisch, auch oder gerade gegen sich selbst und ihre
Zählerei. Trotz der Tatsache, dass sie ein komplett "unnormales" Leben führt, sind ihre Entscheidungen meist gut nachzuvollziehen. Schließlich folgen sie immer
einem rein logischen Muster.
Seamus lernt Grace kennen, weil sie ihm im Supermarkt eine
Banane klaut um die Ordnung in ihrem Einkaufskorb aufrechtzuerhalten. Die
beiden verlieben sich. Doch wie passt der witzige, liebenswürdige Ire in das
komplizierte System?
"Ohne Zahlen wäre die
Welt zu groß und zu austauschbar. Eine endlose Leere. Ich wäre immerzu
orientierungslos. Ich wäre überwältigt." Aber Grace, so ist nunmal das Leben,
habe ich an dieser Stelle gedacht. Für uns alle fühlt es sich manchmal so an,
orientierungslos und überwältigend. Aber gleichzeitig auch voller Freude und
überraschendem Glück. Um sich genau das mal wieder bewusst zu machen, ist
dieses Buch perfekt. Aber auch um mal wieder richtig laut zu lachen. Oder ein
bisschen vor Rührung zu weinen.
Als Geschenk für: Mathematiker, gute Freunde und humorvolle
Romantiker. Und natürlich als versteckte Warnung für alle Zwangsneurotiker
Unterhaltungsfaktor: 8 von 10
Einblick in die Grace-Welt: "Die Bedienung schenkt den Tee
ein. Und wann soll ich trinken? Jetzt? Oder nach jedem zweiten Bissen? Und wie
viele Bissen brauche ich für eine Teigtasche? 10 wären lächerlich kleine
Stücke. Selbst 5 wären unangemessen…"
Was lernen wir dadurch: Was immer hilft, ist die Liebe.
Gott, wie klischeehaft. Und wie abgedroschen. Aber auch wahr.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen